Egal, ob als Vermittler im Kundendienst, als Hilfe bei Versicherungsfragen oder als Assistenz in der Medizin, sie ist überall, um Menschen zu unterstützen. Die Rede ist nicht von helfenden Elfen, sondern von der Künstlichen Intelligenz (Kurz: KI). Die Meinungen zu dem Thema spalten sich. Ein Teil der Menschen findet es erschreckend, wie schnell sich die KI verändert und in manchen Bereichen bereits im Einsatz ist. Ein anderer Teil begrüßt diesen Fortschritt und nennt es unsere Zukunft.

Dr. Prof. Heiko Krüger ist Professor an der IU internationalen Hochschule für Recht und hat seinen Schwerpunkt auf Digitalisierung, Gesellschaft und internationales und europäisches Wirtschaftsrecht gesetzt. In seinem neuen Buch Staat 3.0 analysiert er die Rolle von KI im Rechtsbereich und in der Gesellschaft und zeigt auf, welche Chancen und Herausforderungen damit verbunden sind. Wir haben mit ihm über seine Thesen und mögliche Zukunftsszenarien gesprochen.

In Ihrem Buch Staat 3.0 beschäftigen Sie sich ja mit der Digitalisierung in allen staatlichen Säulen, auch bei den Gerichten. Wie sind die Zeichen zu deuten, werden nun eines Tages Maschinen, also RoboRichter Recht in Unternehmens- und Verbraucherbelangen sprechen?

Heiko Krüger: Derzeit sehen wir, dass weltweit die Entwicklung von KI vorangetrieben und Millionensummen investiert werden. Neue Konzepte und Anwendungen werden sich dabei verstärken und wir werden weitere Durchbrüche erleben. Und das gilt auch in dem Bereich der Rechtsanwendung und staatlichen Entscheidungsfindung. Ich denke, wir werden längerfristig durchaus auch Maschinen mit Urteilsvermögen erleben. Letztlich bleibt es aber eine Frage der roten Linien. Es ist an uns zu bestimmen, wo wir KI wie einsetzen. Sowohl in Unternehmen als auch im Staat, in Finanzbehörden oder Gerichten. Was die Gerichte anbelangt, so schließt unsere Verfassung nach derzeitiger ganz herrschender Lesart jedenfalls aus, dass Maschinen Richterpositionen übernehmen. Den RoboRichter wird es also erst einmal nicht geben und sollte es auch nicht.

Stephen Hawking meinte, dass KI entweder das Beste sein könnte, das der Menschheit passiert ist oder unser Untergang. In der Tat, viele Menschen haben Angst, dass KI uns irgendwann überlegen ist. Ist diese Angst begründet?

Heiko Krüger: Im Grunde ist es ja mit fast jeder Technologie so, dass sie zum Guten wie zum Schlechten eingesetzt werden kann. So ist es auch bei KI und wir sind als Gesellschaft aufgerufen, uns vor dem zu schützen, was wir als schlecht definieren. Wenn wir bestimmte Einsatzmöglichkeiten von KI als unvertretbar empfinden, dann sollten wir diese verbieten. Und das tun wir ja auch schon bereits mit der KI-Verordnung der EU. Lasst uns KI also zu unserem Besten benutzen.

Davon abgesehen habe ich kein Problem damit, dass KI uns in verschiedenen Belangen überlegen ist. Wir entwickeln ja gerade KI in der Hoffnung, dass sie besser als wir ist und wir daher von ihr profitieren können. Maßgeblich ist doch letztlich der Punkt, dass wir die Kontrollinstanz in dem Tandem bleiben. Wir müssen alles dafür tun, dass wir KI kontrollieren und nicht sie uns und dass wir ihre Ergebnisse hinterfragen und nachvollziehen können.

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Aber dennoch konkret: wird uns KI irgendwann komplett entgegen unseren Willen kontrollieren?

Heiko Krüger: Ich halte das für ein Szenario, das nach wie vor in einen dystopischen Roman gehört. Vergessen wir nicht, dass wir Menschen mit dem Mittel des Rechts ein scharfes Schwert in der Hand haben, um die Entwicklung und Anwendung von Technologien, wie KI in bestimmte Bahnen zu halten und um uns vor Fehlentwicklungen zu schützen. Recht setzen wir ja auch in Bezug auf andere Technologien und Verfahren so ein. Davon abgesehen vergessen wir nicht, dass wir dank Globalisierung und Internet zu einem riesigen Schwarm aus Milliarden selbstständig denkender, intelligenter, kreativer und wenn notwendig auch zusammenhaltender Individuen zusammengeschmolzen sind. Wir hätten einer Super-KI so einiges entgegenzusetzen.

KI kann aber auch Vorteile mit sich bringen. Welche Vorteile sehen Sie?

Heiko Krüger: Selbstverständlich, der Hype um KI entsteht doch, weil wir die Vorteile und Chancen sehen. Ganz generell kann KI uns dabei helfen, Aufgaben effizienter, also mit weniger finanziellen, personellen oder zeitlichen Einsatz zu erledigen. Ein Unternehmen kann gegebenenfalls ebenso mehr Output bei gleichem oder sogar weniger Ressourceneinsatz generieren. Parallel kann uns KI dabei helfen, Aufgaben besser, also mit höherer Qualität zu erledigen. Unternehmerische und auch staatliche Entscheidungen können etwa auf zuverlässigeren Analysen und Prognosen gestützt werden. KI kann uns schließlich selbst dabei helfen, einige der ganz großen Herausforderung, vor denen wir als Gesellschaft stehen, anzugehen. Denken wir an den demografischen Wandel. Das alles erfordert natürlich, dass KI-Systeme gut funktionieren. Dafür müssen wir sorgen.

Menschen sind Wesen, die von ihrer Umwelt lernen und sich auch von dieser beeinflussen lassen. Ist eine KI oder eine Super-KI wirklich so weit vom Menschen entfernt? Immerhin lernt auch sie von ihrer Umwelt.

Heiko Krüger: Die Entfernung von Mensch und KI ist relativ. Sie ist eine Frage der Perspektive. Selbstverständlich können wir Menschen als auch künstlich-intelligente Maschinen als Systeme auffassen, die von ihrer Umwelt beeinflusst werden, aber auch ihre Umwelt beeinflussen. Bei dieser Perspektive sehen wir Nähe, ja Kongruenz. Diese sehen wir natürlich nicht, wenn wir danach fragen, wie beide Systeme in ihrem Innern funktionieren und welche Leistungskapazitäten sie bei der Aufnahme von Umweltreizen und der Abgabe von Impulsen an ihre Umwelt haben. Hier ist die Entfernung zwischen Menschen und Maschine selbstverständlich deutlich weiter, was dann auch eine unterschiedliche rechtliche Behandlung von beiden Systemen rechtfertigt, insbesondere eine Regulierung von KI. Sollte KI tatsächlich dereinst ein Bewusstsein entwickeln, mag man vielleicht in der ein oder anderen Hinsicht ihrer Behandlung etwas anders denken.

Wir bedanken uns herzlich für Ihre Zeit und Ihre spannenden Antworten auf unsere Fragen. Wer mehr zu dem Thema wissen will, der kann sich in das Buch “Staat 3.0” reinlesen: https://www.amazon.de/Staat-3-0-k%C3%BCnstliche-Intelligenz-Abgeordnete/dp/3689320003

Das Thema KI ist und bleibt ein spannendes Thema. Und wer nicht glaubt, dass die KI ein Teil unserer Zukunft sein kann, der sollte die Einleitung dieses Artikels noch einmal lesen, denn diese ist mit Unterstützung von Künstlicher Intelligenz erstellt worden.

Zum Buch: Staat 3.0

Mehr über den Autor: https://heikokrueger.com/