Im folgenden Beitrag erklären wir Dir, was Zertifikate sind. Wir werden Dir an simplen Beispielen darlegen, wie sie funktionieren und welche unterschiedlichen Arten es gibt. Außerdem wirst Du erfahren, welche Zertifikate wir als sinnvoll erachten und von welchen wir abraten.

Selbstverständlich werden wir Dir auch Informationen bezüglich der zu beachtenden Risiken geben.

Was ist eigentlich ein Zertifikat? (Definition Zertifikat)

Wie der Name sagt, ist ein Zertifikat nichts anderes als eine «Urkunde» oder «Bescheinigung» für irgendetwas. Der Begriff ist somit nicht wirklich außagekräftig.

Finanztechnisch ist ein Zertifikat einfach gesagt eine Anleihe, also Inhaberschuldverschreibung, die von Wertpapierhandelshäusern ausgegeben wird. In Gegensatz zu einer normale Anleihe erhälst Du bei einem Zertifikat nicht einfach einen Zinssatz. Stattdessen spiegelt ein Zertifikat auf einfache oder auch komplexe Weise die Entwicklung irgndeines eines Basiswert (z.B. einer Aktie, eines Index, eines Rohstoffes usw.) wider. Da Du an der Wertentwicklung partizipierst, ohne diesen Basiswert selbst zu halten, nennt man Zertifikate auch Partizipationsscheine. Zertifikate haben meist ein bestimmtes Bezugsverhältnis (dazu später mehr). Hinsichtlich der Laufzeit unterscheidet man «Laufzeitzertitifikate» und «Endloszerfitikate».

Wie kann ich mir ein Zertifikat vorstellen beipielhaft vorstellen?

Um Dir einen Eindruck zu geben, wozu Zerfitikate verwendet werden können und worauf Deine Rendite hauptsächlich basiert, werden wir Dir anhand zweiter Szenarien bildhaft darstellen.

Szenario 1: Kauf des tatsächlichen Basiswertes

Stell Dir vor, Du gehst zum Bäcker und kaufst für drei EURO ein Brot. Das Brot ist dabei der Basiswert. Steigt der Brotpreis innerhalb weniger Stunden nachdem Du das Brot gekauft hast, könntest Du es theoretisch noch mit einer kleinen Rendite weiterverkaufen. Am nächsten Tag ginge das schon nicht mehr, weil das Brot dann nicht mehr frisch wäre.

Szenario 2: Investition in den Basiswertes über ein einfaches Zertifikat

Nun stell Dir vor, die Bäckerei bietet Dir ein «Brotzertifikat» an. Es kostet 30 EURO und hat genau den Gegenwert von 10 Broten. Das entspricht einem Bezugsverhältnis von 1:10. Klettert der Brotpreis nun innerhalb eines Jahres z.B. auf 3,20 EURO, steigt auch Dein Brotzertifikat auf 32 EURO. Dabei müssen diese zehn Brote weder «real» in der Bäckerei vorhanden oder sind diese für Dich reserviert.

Wie jedes Wertpapier kannst Du das Zertifikat zum aktuellen «Kurs» von 32 EURO verkaufen. Mit dem Zertifikat verdienst Du am Anstieg des Brotpreises mit, obwohl Du selbst kein echtes Brot besitzt. So könntest Du Dich als «Brothändler» auch gegen steigende Brotpreise absichern. Deine Brotkosten würden in so einem Fall vom steigenden Zertifikatspreis ausgeglichen.

Szeario 3: Kompliziertes Zertifikat

Ein extrem komplexes Zertifikat beispielsweise könnte so aussehen: Die Bäckerei ermittelt den täglichen Zertifikatspreis mittels folgender Formel:

Durchschnittlicher Brotpreis der 10 umliegenden Bäckereien   X   Anstieg der Mehlpreise im Vorjahr

geteilt durch

Anstieg des Brotpreises im Bundesgebiet im Vorjahr   X    aktuelle Inflationsrate

Ich gehe davon aus, dass Du diese Formel nun mindestens zweimal gelesen hast um sie zu verstehen. Und genau das ist der Nachteil von komplexen Zertifikaten. Sie sind meist undurchsichtig und nur schwer nachvollziehbar, nicht zuletzt auch hinsichtlich der eingebauten Gebühren.

Welche Arten von Zertifikaten gibt es?

Damit Du Dir ein Bild davon machen kannst, wie unterschiedlich Zertifikate hinsichtlich Ihrer Ausgestaltung und Funktionsweise sein können, erhälst du im folgenden Artikel einen Überblick über die wichtigen Zertifikat-Arten:

Indexzertifikate/Rohstoffzertifikate

Diese bilden einfach einen Indexstand bzw. Rohstoffpreis je nach Bezugsverhältnis ab. Beachte jedoch, dass ein Indexzertifikat im Gegensatz zu einem ETF kein Sondervermögen ist, an dem Du ein Miteigentumsrecht besitzt. Ein Zertifikat ist lediglich ein Zahlungsversprechen. Kommt der Herausgeber des Zertifikats in Schwierigkeiten, so ist dein Geld u.U. futsch. Diese bittere Erfahrung haben viele Kunden im Zuge der Finanzkrise mit Zertifikaten von Lehman Brothers gemacht. Auch hast Du bei Zertifikaten auf «Preisindizes» (z.B. Dow Jones) im Gegensatz zu ETF/Fonds keinen Anspruch auf die anfallenden Dividenden. Bei einer Index-Dividendenrendite von 2% bedeutet dies somit 2% zusätzliche Kosten durch entgangene Dividenden.

Hebelzertifikate

Diese bilden die Wertentwicklung des Basiswertes gehebelt, also stärker ab. Ein Hebel 10 dedeutet z.B., dass sich bei einer Änderung des Basiswertes um 1% der Zertifikatkurs um 10% verändert.

Reverse Zertifikate

Möchtest Du auf fallende Kurse setzen, so kannst Du in ein Revers-Zertifikat investieren. Fällt der Basiskurs (z.B. der DAX), so steigt dein Zertifikat.

Discount-Zertifikate

Du kaufst ein Zertifikat auf einen Basispreis mit einem Abschlag zum Kurs des Basiswertes (Discount). Im Gegensatz dazu verzichtest Du ab einem gewissen Abstieg auf die weitere Wertentwicklung des Basiswertes.

Bonuszertifikate

Ähnlich wie beim Discount-Zertifikat investiert Du in einen Basiswert und erhälst einen Bonus, wenn der Kurs des Basiswertes während der Laufzeit gewisse Grenzen nicht unterschreitet.

Aktienanleihen

Auch Aktienanleihen sind Zertifikate und ein weiteres gutes Beispiel dafür, wie komplex Zertifikate konstruiert sein können. Wie sie genau funktionieren erfährst Du hier.

Risiken von Zertifikaten?

Ich werde Dir hier nur die wichtigsten Risiken erläutern. Solltest Du Dich näher mit Zertifikaten befassen wollen, so ist es sowieso unumgänglich, dass Du Dich über die spezifischen Risiken ausführlich informierst.

Emittentenrisiko

Das wohl wichtigste Risiko ist das Emittentenrisiko. Angenommen, Deine Bäckerei gibt diesen Monat Zertifikate über 10.000 Brote aus und nimmt damit 30.000 EURO ein. Dann hat sie von den Zertifikate-Käufern einen Kredit über 30.000 EURO erhalten (verzinsbar mit der Preissteigerung des Brotes). Meldet die Bäckerei nun Konkurs an, dürfte es schwer sein, das Geld zurückzubekommen. Du hast kein «Aussonderungs-» bzw. kein Eigentumsrecht, welches Dein Geld im Konkursfall schützt.

Wertänderungsrisiko

Beim «Brotpreiszertifikat» trägst Du das «Brotpreis-Änderungsrisiko». Würde der Brotpreis aus irgendwelchen Gründen fallen, so würde auch der Wert des Zertifikats fallen. Insbesondere bei Hebelzertifikaten ist das Risiko besonders hoch.

Backtracking/Strategierisiko

Auf dieses Risiko möchte ich näher eingehen. Insbesondered Einsteiger sind häufig anfällig für vielsversprechende und «bewährte» Strategien, die hohe und sichere Erträge versprechen.

Häufig werden neue Zertifikate aufgelgt, die einer ganz ausgeklügelten Strategie folgen. Diese Strategie basiert dann auf der Analyse mehrerer verschiedener Finanzkennzahlen. Es wird nach Mustern gesucht, welche in der Vergangenheit stets steigende Kurse zur Folge hatten. Ein Zertifikat könnte nun folgendermaßen funktionieren: Tritt dieses Muster erneut auf, wird die Wertentwicklung eines Indexes abgebildet. Andernfalls bleibt der Kurs unverändert. In den Werbungen für solche Produkte wird dann häufig auf die «Erfolgsstory» und die Belegbarkeit dieser Strategie verwiesen. Es wird herausgestellt, dass diese Strategie in den letzten 15 Jahren den DAX um Längen geschlagen hätte.

Zusammenhänge erscheinen im Nachhinein immer logisch

Mir persönlich erscheint es jedoch zu einfach, in der Rüchschau alle vorhanden Kennzahlen zu analysieren, Zuammenhänge zu finden und diese als ausschlaggebende Erfolgsfaktoren festzumachen. Ausschweifende Begründungen sind dann leicht, zumal nur die Zahlen herangezogen werden, die diese untermauern.

Ich stelle mir dann immer die Frage, warum das Zertifikat dann nicht schon vor 15 Jahren aufgelegt wurde, wenn die Erfolgsfaktoren doch so klar auf der Hand lagen?

Dass Statistiken nicht uneingeschränkt als Grundlage für historische Entwicklungen herangezogen werden können, möchte ich Dir an einem extremen Beispiel erläutern.

Stell Dir vor, Du würfelst 300 mal.

  • 100 mal während Du Kaugummi kaust, Ergebnis: 418 Augen
  • 100 mal während Du Musik hörst, Ergebis 379 Augen
  • 100 mal im Stehen, Ergebis: 290 Augen

Gemäß der Statistik müsste ich immer dann Geld auf Dich setzen, wenn Du während des Würfelns Kaugummi kaust. Hier gab es in der Vergangenheit nachweislich die höchste Augenzahl. Stehst Du hingegen auf, bedeutet dies «Risiko» und ich ziehe besser mein Geld ab. Die Statistik belegt dies zweifeilsfrei. Dass jedoch kein kausaler Zusammenhang zwischen Kaugummikauen, Stehen, Sitzen und erzielter Augenzahl besteht, dürfte wohl jedem klar sein.

Fazit: Welche Zertifikate sind sinnvoll?

Ich persönlich rate generell nur dann zu Zertifikaten, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, in den Basiswert zu investieren (z.B. Rohöl oder Schweinehälften). Auch Short- oder Reverse-Zertifikate, die auf fallende Kurse setzen, können im Einzelfall sinnvoll sein.

In  fast allen anderen Fällen halte ich aufgrund der oben beschriebenen Risiken ein Investment in den Basiswert (z.B. bei einem Index über einen ETF) für die bessere Alternative. Insbesondere von komplexen Strategiezertifikaten rate ich dringend ab. Diese sind i.d.R. einfach zu teuer und schaffen – wie alle anderen Strategien- ebenso wenig, den Markt langfristig zu schlagen.

Wie stehst Du zu Zertifikaten? Welche Arten von Zertifikaten nutzt Du selbst und wie sind Deine Erfahrungen? Wir freuen uns auf Deinen Kommentar!